Mauerfall erinnert an Selbstbehauptung der Ostdeutschen
Zum 35. Jahrestag der Maueröffnung am 9. November erklärt die Fraktionsvorsitzende Eva von Angern:
„Der 9. November 1989 ist Symbol für Mut, Hoffnung und die Macht des friedlichen Widerstands. Dank des entschlossenen Handelns tausender Menschen in den Monaten zuvor endete mit der Öffnung der Berliner Mauer das tödliche Grenzregime der DDR. Die friedliche Revolution, die den Weg zur Wiedervereinigung ebnete, war geprägt durch außergewöhnlichen Mut – wie am 9. Oktober in Leipzig, als sich zehntausende Menschen allein durch ihre schiere Zahl vor Übergriffen schützten. Diese bis dahin größte Erhebung im Herbst 1989 ermutigte Menschen in der ganzen DDR, weiter entschlossen für Freiheit und Veränderung einzustehen.
Der Mauerfall erinnert uns an die Selbstbehauptung der Ostdeutschen, jedoch auch daran, dass Freiheit und soziale Sicherheit untrennbar verbunden sind. Die Wiedervereinigung bedeutete für viele Ostdeutsche nicht nur die Befreiung von staatlicher Unterdrückung, sondern auch den Eintritt in ein System, das sie nicht auf Augenhöhe willkommen hieß. Die plötzliche Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen führte zu Arbeitslosigkeit, zur kollektiven Entwertung von Biographien und zur Umwälzung in allen Lebensbereichen.
Trotz beeindruckender individueller Leistungen und vieler wirtschaftlicher Fortschritte sind Ostdeutsche bis heute strukturell benachteiligt. Im Vergleich zu Westdeutschland sind die Löhne oft geringer, die Arbeitszeiten länger, das Vermögen bescheidener – und Spitzenpositionen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sind überwiegend westdeutsch besetzt. Dies ist ein Armutszeugnis für ein Land, das Gleichheit und Freiheit als Verfassungsprinzipien begreift. Diese ungleiche Repräsentation gefährdet die Demokratie; wo Chancen fehlen, wächst der Frust und die Entfremdung vom demokratischen System.
35 Jahre nach einem der hellsten Momente der deutschen Geschichte steht die Demokratie unter Druck. Deshalb sagen wir: Chancengleichheit und Lohngerechtigkeit, kostenfreier Zugang zu Bildung, Gesundheit und Kultur bleiben Forderungen, die wir mit dem Freiheitsversprechen von 1989 verknüpfen. Die Linke setzt sich seit Jahrzehnten für ostdeutsche Interessen ein, weil dies den Zusammenhalt und die Demokratie im gesamten Land betrifft.“
Magdeburg, 8. November 2024