Nie wieder!

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!“ – dieser Satz aus dem Epilog von Brechts „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“, einer Parabel auf Hitler, stimmt leider bis heute, wie man nicht erst seit dem Bekanntwerden des NSU im November 2011 weiß. Terroristische Neonazi-Aktivitäten gab es schon in den 80er Jahren. Dann folge nach der deutschen Einheit  Rostock-Lichtenhagen, Solingen, Hoyerswerda… Allein zwischen 1990 und 2011 starben 181 Menschen - davon mindestens sechs in Leipzig umgebracht aus rechtsextrem-rassistischen Motiven. Am 6. Mai begann nun in München der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier Helfer jenes Trios, das über ein Jahrzehnt ungehindert durch Deutschland ziehen und zehn Menschen ermorden konnte, acht türkische Mitbürger, einen Griechen und eine deutsche Polizistin. Wir sind es den Opfern schuldig, dass der Prozess aufklärt – über das Versagen von Behörden und Ämtern, speziell über die Rolle des Verfassungsschutzes. Viel Hoffnung darf man allerdings nicht haben, denn weder die Polizei noch gewisse Geheimdienststrukturen und der damit repräsentierte tiefe Staat sitzen auf der Anklagebank, obwohl sie maßgebliche Mitschuld für die neonazistische Mordserie tragen. 

Zumindest aber muss der Prozess zeigen, wie wichtig es ist, gegen den alten und neuen braunen Sumpf aktiv anzukämpfen, um ihn trocken zulegen. Wir brauchen immer wieder sichtbares bürgerschaftliches Engagement und wir brauchen auch in Sachsen viel mehr langfristige finanzielle Sicherheit für die Projekte, die sich tagtäglich dem Kampf gegen Rechts stellen. Was wir nicht brauchen, ist die Kriminalisierung antifaschistischen und antirassistischen Protestes. Insofern war es sehr wichtig, dass auch in diesem Jahr am 8. Mai in Leipzig unter dem Motto „Die Welt zu Gast auf dem Lindenauer Markt“  aus Anlass des 68. Jahrestages der Befreiung vom deutschen Faschismus und Krieg ein Protesttag gegen das Nazi-Zentrum in der Odermannstrasse stattfand. Am 8. Mai 1945 Jahren hatte das Schlachten in Europa ein Ende. Sechs Jahre dauerte der Zweite Weltkrieg – begonnen mit dem deutschen Überfall auf Polen, standen erst Europa und dann weite Teile der Welt in Flammen. In Brand gesetzt vom Wahn der Nationalsozialisten; beendet von einer Allianz aus Sowjetunion, Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und vielen weiteren Nationen. Etwa 60 Millionen Menschen – davon allein ca. 27 Millionen Sowjetbürgerinnen und -bürger - kostete der Zweite Weltkrieg das Leben. Die zweitgrößte Opfergruppe der Nazis nach den sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden steht leider bis heute im Schatten der Erinnerung. Von den weit über fünf Millionen sowjetischen Soldaten, die ab 1941 in deutsche Gefangenschaft gerieten, büßten mindestens 3,3 Millionen ihr Leben ein. Allein im Kriegsgefangenenlager Zeithain in Sachsen sind in den Jahren 1941 bis 1945  25.000 bis 30.000 sowjetische  Kriegsgefangene durch die bewusste Verletzung die Völkerrechts in Gestalt mangelhafter Ernährung, katastrophaler hygienischer Bedingungen und unbarmherziger Zwangsarbeit zu Tode gekommen.        

Diese unbestrittenen historischen Tatsachen leugnen bzw. bagatellisieren die Neonazis, die in der Odermannstrasse und an vielen andern Orten unseres Landes ihr Unwesen treiben. Die aktuellen Zerfallsprozesse in der NPD dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass rechtsextremistisches Denken und Handeln – oftmals durch Repräsentanten der „Mitte“ salonfähig gemacht -  weiterhin extrem gefährlich für Migrantinnen und Migranten sowie politische Gegner ist. Eine wirksame Politik dagegen, so fordert es DIE LINKE in ihrem Bundestagswahlprogramm, muss  bei den Grundlagen dieser Entwicklung ansetzen: Prekarisierung zurückdrängen, die Demokratisierung der Gesellschaft vorantreiben und soziale Sicherheit schaffen. Im bevorstehenden Bundestagswahlkampf wird sich unsere Partei darüber hinaus gegen alle Ungleichheitsideologien, jede Form von Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Demokratiefeindlichkeit und Neofaschismus einsetzen.