Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz sowie Einführung einer Kindergrundsicherung dringend geboten

Im Landtag betont Eva von Angern, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zur Lage der Kinderrechte und der Kindergrundsicherung:

„Leider hat die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland auch über 30 Jahre nach der Ratifizierung immer noch keinen Verfassungsrang. Der letzte Versuch, dies zu ändern, scheiterte leider 2021 erst im Bundestag noch in der letzten Groko unter Angela Merkel und das trotz der Tatsache, dass das Vorhaben in der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD festgeschrieben war. Die Regierung aus Union und SPD nahm Kinderrechte nicht in das Grundgesetz auf, obwohl sie diese nur angemessen statt vorrangig behandeln wollte. Wer Kinderrechte nur angemessen statt vorrangig behandelt, will den Kampf gegen Kinderarmut nur kämpfen, wenn es ihm gerade in den Kram passt. Wer Kinderrechte nur angemessen statt vorrangig behandelt, will Kinder abschieben, wenn ihre Eltern den falschen Pass haben. Wer Kinderrechte nur angemessen statt vorrangig behandelt, will wahrscheinlich sogar, dass der Schutz und die Beteiligung von Kindern sich irgendwo hinter wirtschaftlichen Interessen anstellen.

In Sachsen-Anhalt lebt mehr als jedes vierte Kind in Armut. Damit sind wir Schlusslicht in Ostdeutschland, aber ein Aufschrei bleibt aus. Es braucht endlich eine Kindergrundsicherung, damit Kinder frei von Angst und Armut aufwachsen und sich entwickeln können. Es ist doch gut und richtig, wenn der Ministerpräsident davon spricht, dass eine der größten Herausforderungen der Fachkräftemangel in Sachsen-Anhalt ist. Doch nicht nur ich, sondern die Menschen in unserem Land erwarten dann auch den nächsten Schritt und das bedeutet ein ganzheitliches Herangehen und die erforderlichen Lösungen. Unser nachwachsender Rohstoff sind Kinder und Jugendliche. Wir können uns weder moralisch noch wirtschaftlich leisten, auch nur ein Kind auf der Strecke zu lassen.

Natürlich gehören zu armen Kindern arme Eltern und ein weiterer Blick in die Zahlen zeigt, dass insbesondere Alleinerziehende – überwiegend Frauen – einem besonders hohen Armutsrisiko unterliegen. Jede zweite Alleinerziehende ist armutsgefährdet. Armut hat in unserem Land ein weibliches und ein Kindergesicht. Kinder in Armut erfahren in nahezu allen Lebensbereichen Nachteile. Sie ernähren sich ungesünder, weil es aus finanziellen Gründen nicht anders möglich ist. Sie haben niedrigere Bildungschancen. Sie erleben tagtäglich Ausgrenzung und eine geringere soziale Teilhabe. Armut schadet Kindern, sie verletzt ihre Rechte, sie beschämt und grenzt aus.

Wer mir jetzt lautstark erklärt, dass mehr Geld bei den Eltern nicht bedeutet, dass es bei den Kindern auch ankommt, weil sie es ja sowieso nur für ein neues Handy oder Alkohol und Zigaretten ausgeben, dem halte ich entgegen: Diese Aussage spricht für Vorurteile und Unwissenheit vor allem gegenüber Eltern. Es gibt keine empirischen Belege für die These. Kostenfreie Kita, mehr Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe usw. sind nötig. Gegen Kinderarmut hilft nur ein Miteinander von mehr Geld für Familien und eine bessere Bildung und Infrastruktur für Kinder. Wir brauchen dringend einen höheren Mindestlohn, der die Inflation berücksichtigt und wir brauchen dringend flächendeckende Tarifverträge.

Die Kinder in unserem Land brauchen dringend eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen auch tatsächlich verdient! Wir brauchen eine finanzielle Absicherung aller Kinder – unabhängig von der sozialen Herkunft oder dem Erwerbsstatus der Eltern. In keinem europäischen Land sind die Zukunftschancen von Kindern so sehr abhängig vom sozialen Status der Eltern wie in Deutschland. Das können wir uns nicht mehr leisen! 

Niemand hat gefragt, woher über Nacht die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr hergekommen sind bzw. finanziert werden. Auch die Bekämpfung der Pandemie war teuer. Doch die Refinanzierung darf nicht zu Lasten der Sozialpolitik erfolgen. Das fördert neue Ungerechtigkeiten und neu Krisen. Das Geld ist in unserem reichen Land da! Es muss nur dringend umverteilt werden.“

 

Magdeburg, 2. Juni 2023